„Man kommt als Frau nicht zur Welt, man wird es.“ Simone de Beauvoir
>>> Doch was bedeutet es im Jahr 2020 eine Frau zu sein? Was früher eher das schwache und gesellschaftlich sowie rechtlich untergeordnete Geschlecht, ist die Reduktion auf das weibliche Geschlecht bei vielen Männern immer noch präsent im Denken. Wenn man sich vorstellt, dass Frauen lange Zeit noch nicht mal den Status „Bürger“ hatten und somit für das gesellschaftliche Leben eher als minderwertig galten, dann ist die Tatsache, dass Frauen im Jahr 2020 immer noch um Gleichberechtigung und Respekt kämpfen, kaum verwunderlich.
Das Patriarchat hat seit Urzeiten die Rangordnung der Geschlechter festgelegt und ist auch heute leider immer noch maßgebend.
In Unternehmen gibt es zwar mittlerweile eine gesetzlich vorgeschriebene Frauenquote, doch kann man auch hier manchmal eher von Farce sprechen, wenn Frauen zwar präsent, jedoch immer noch schlechter bezahlt und noch lange nicht so angesehen sind wie ihr männliches Pendant.
Woran liegt das?
Die wunderbare Leichtigkeit des Seins, die Sinnlichkeit, die Fürsorglichkeit, die Weiblichkeit…all das wird am Phänomen Frau teils so sehr bewundert, dass wir hinsichtlich der Gleichberechtigung, der männlichen Spezies gestatten, ihr eigenes Frau sein zu entdecken und zu leben. Nein, viel mehr noch: Wir feiern die neue Art der Frau mit Akzeptanz und Bewunderung. Nun möchte ich an der Stelle keinesfalls eine Definition zwischen „echte“ und „unechte“ Frau festlegen, denn dies ist im Grunde genommen gar nicht möglich, insofern wir „Frau“ nicht auf „Geschlecht“ reduzieren, denn das wäre ja Sexismus. Zudem ist der Begriff „Frau“ auch eigentlich viel weiter zu fassen. Vielleicht ist es leichter, wenn man „Frau“ mit typischen Eigenschaften in Verbindung setzt, sodass „Frau-sein“ nicht einfach am Geschlecht auszumachen ist, was ja dann aber ein kleiner Widerspruch in sich ist. Entschuldigung. Ich schweife ab.
Der Kampf der Emanzipation
Woran liegt das also, dass Frauen sich Respekt und Gleichberechtigung meist immer noch erkämpfen müssen?
Ich selbst war viele Jahre selbständig und hatte stets das Gefühl bei Verhandlungen meist durch die emotionale Schiene runtergehandelt zu werden. Sei es durch Mitgefühl, Mitleid, Fürsorglichkeit oder Sympathie. Was bei Verhandlungen gleicher Geschlechter kaum vorstellbar, ist also alleine der Tatsache zu verdanken, dass ich eine Frau bin.
Versuchte ich dann die emotionale Schiene beruflich außen vor zu lassen, wirkte ich unsympathisch und unnahbar, also auch wieder falsch. Ist meine Selbständigkeit also daran gescheitert, dass ich eine Frau bin? Sicherlich nicht, würden jetzt andere erfolgreiche Frauen empört aufschreien. Mag sein. Doch hatte ich eigentlich schon oft das Gefühl, dass egal wie, ich irgendwie nicht gut genug bin, um dauerhaft erfolgreich zu sein. Mag sein, dass das Gefühl teilweise berechtigt war. Doch ist es auch irgendwie deprimierend. Nicht mehr lange und ich habe meinen dritten Abschluss in der Tasche, doch bei Bewerbungen werde ich – ich will nicht sagen selten, denn das wäre Euphemismus – überhaupt zum Bewerbungsgespräch eingeladen. Man(n) möchte mich also noch nicht mal kennenlernen. Wow. Was für ein Booster fürs Selbstbewusstsein. Aber gut, ich schweife ab.
Die Entfaltung des Individuums
Was ich an der Zeit in der wir leben, dennoch schätze, ist die Möglichkeit zur freien Entfaltung des Individuums. Was mir eigentlich immer schon wichtiger war als der Wunsch nach Haus, Hof und Familie. Nicht, dass das keine schöne Vorstellung ist, aber die freie Entfaltung meines Individuums ist für mich ein Geschenk der heutigen Zeit, wofür ich sehr dankbar bin. Ein Geschenk, was wir den harten Kämpfen der Emanzipation zu verdanken haben. Und die Kämpfe der Emanzipation sind noch lange nicht zu Ende.
Des Weiteren bin ich nun an dem Punkt angelangt, dass ich mir sage: Ich habe die Schnauze voll davon, dass ich mir ständig vorkomme wie ein Hamster im Laufrad mit Schleifchen dran, und dennoch funktioniert nichts wirklich.
Ich konzentriere mich lieber auf die freie Entfaltung meines Individuums und bin dankbar für das, was ich in meinem Leben habe.
Es lebe das Individuum.